Drei Fragen an Manfred F. Klar

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Drei Fragen an Manfred F. Klar, Präsident des bayerischen Steuerberater- und Wirtschaftsprüferverbands LSWB

Klar Manfred Halbporträt

VESTIGA Consulting: Im letzten Jahr hat eine Studie der Universität Oxford zur „Zukunft der Beschäftigung“ dem Beruf des Steuerberaters eine Digitalisierungswahrscheinlichkeit von 98 Prozent attestiert. Für Wirtschaftsprüfer wird die Automatisierungswahrscheinlichkeit mit 93 Prozent angegeben. Sollten junge Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vielleicht schon mit einer Umschulung beginnen?

Manfred F. Klar: Das Berufsbild des „Tax Preparer“, das die Oxford-Studie nennt, existiert in Deutschland nicht. Es wurde sehr fahrlässig von den Medien als „Steuerberater“ ins Deutsche übersetzt, um so eine pointierte Überschrift zu erhalten. Liest sich ja auch gut: „Der Computer ersetzt den Steuerberater“.

Mir ist auch nicht ganz klar, welches Berufsbild sich hinter „Accountants und Auditors“ verbirgt, das die Studie benennt. Hieraus wurden die Prognosen für die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaftsprüfern abgeleitet. In Deutschland sind aber Buchhaltung und Wirtschaftsprüfung sehr unterschiedliche Berufe. Nur so viel zur Interpretation der Studienergebnisse.

Unsere Mitglieder berichten mir fast täglich, dass sie händeringend nach Mitarbeitern suchen. Vor diesem Hintergrund bin ich eher gewillt, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Glauben zu schenken. Dieses prognostiziert sowohl in der Steuerberatung als auch in der Wirtschaftsprüfung einen stark steigenden Fachkräftebedarf.

Ein Steuerberater- oder Wirtschaftsprüferexamen ist also auch in Zukunft eine wertvolle Qualifikation mit faktischer Beschäftigungsgarantie. Wahr ist aber auch: Durch die fortschreitende Digitalisierung, die Erschließung neuer Geschäftsfelder und die zunehmende Internationalisierung werden sich beide Berufsstände verändern.

VESTIGA Consulting: Inwiefern verändert die Digitalisierung die Berufsbilder von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern?

Klar: Routinetätigkeiten werden tatsächlich automatisiert – hier hat die Oxford-Studie Recht. Die gewonnene Zeit werden beide Berufsstände nutzen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die Steuerberatung wird zum Beispiel mehr Aufgabenstellungen in der Unternehmens-, Strategie- und Prozessberatung haben als bisher schon. Auch in den Bereichen Fördermittelberatung, Vermögens- und Nachlassplanung gibt es attraktive Betätigungsfelder.

Zudem wird der Allrounder immer mehr vom hochspezialisierten Experten abgelöst. Dieser arbeitet entweder für einen großen oder mittelgroßen Full-Service-Anbieter oder in einer kleineren hochspezialisierten Kanzlei – je nachdem, welches Umfeld ihm eher behagt und in welchem Feld er sich spezialisieren will. Wer selbstständiger Allrounder bleiben möchte, muss sich noch viel mehr als heute schon mit Kollegen vernetzen, um alle Bereiche der Steuerberatung abdecken zu können.

Zudem werden in beiden Berufen profundes Technikwissen bzw. Kenntnisse über die Anforderungen an eine moderne IT wichtiger. Im Bereich der Buchhaltung spricht man bereits vom Berufsbild des „Buchhaltronikers“. Ich glaube, dass sich auch für Berufsträger neue Tätigkeitsfelder mit starken Schnittstellen zur IT entwickeln.

VESTIGA Consulting: Was bedeuten diese Entwicklungen für Kanzleien, die Fachkräfte suchen?

Klar: Wie eingangs erwähnt, gestaltet sich die Suche nach Mitarbeitern und Berufsträgern für unsere Mitgliedskanzleien schon heute als schwierig – sowohl im Fachkräftebereich als auch im Spezialisten- und Expertensegment. In Zukunft könnte die Fachkräfterekrutierung zur sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen werden.

Ich würde aber unseren Mitgliedern – wenn Sie gestatten – dazu raten, ihre Arbeitskräfte nicht allein auf einem leergefegten Arbeitsmarkt zu rekrutieren, sondern den Kanzleinachwuchs auch selbst auszubilden. Deshalb werden eine strategische Personalplanung und duale Studienangebote, die Theorie und Praxis verzahnen, immer wichtiger.

Die eigentliche Herausforderung besteht in meinen Augen aber darin, die Mitarbeiter und Berufskollegen dauerhaft an die Kanzlei zu binden. Hierzu brauchen wir attraktive Arbeitsplätze, die Anreize und Aufstiegschancen, ein gutes Betriebsklima und angemessene Bezüge bieten.

VESTIGA Consulting: Vielen Dank für das Interview!

Zur Person:

Manfred F. Klar (66) ist Steuerberater in dritter Generation. Der Weidener ist fast 40 Jahre im berufsständischen Ehrenamt aktiv. Seit 2015 ist er Präsident des Landesverbands der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern (LSWB) und Vizepräsident des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV).

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